FOV+: Totale Immersion unter dem VR-Headset?

18. Dezember 2020
18. Dezember 2020 Katrin Pape

FOV+: Totale Immersion unter dem VR-Headset?

Bildquelle: news.cision.com

Das Sichtfeld erweitern

Das Gesichtsfeld beinhaltet denjenigen Bereich visueller Wahrnehmung, den der Mensch unabhängig von Kopf- und Augenbewegungen registrieren kann. Unabhängig von der Sehschärfe sind dies alle Bereiche, die auf der Netzhaut des Auges abgebildet werden können.

Das binokulare Sichtfeld kennzeichnet das Gesichtsfeld beider Augen. Es ist kleiner als das monokulare Sichtfeld, da es nur den Blickwinkel abdeckt, in denen sich die monokularen Bereiche überschneiden (binokulares Deckfeld). Diese Überschneidung beläuft sich auf einen Bereich von rund 120 Grad. Nur hier ist Tiefenwahrnehmung möglich.

Wie groß das Gesichtsfeld einer Person tatsächlich ist, wird durch die Pupillengröße, aber auch durch anatomische Gegebenheiten und die Augenposition beeinflusst. Sitzt das Sehorgan eines Menschen weiter hinten in der Augenhöhle, ist das visuelle Feld entsprechend kleiner. Auch Augenbrauen (horizontal) und Nasenrücken (vertikal) schirmen einfallendes Licht ab und beeinflussen das Gesichtsfeld entsprechend.

Das binokulare Gesichtsfeld eines Menschen beträgt etwa:

  • horizontal 180-200° (ohne Augenbewegung) bzw. 270° (mit Augenbewegung)
  • vertikal 130°

Einfluss auf das Sichtfeld haben an dieser Stelle Leuchtdichte und Farben: schlecht reflektierende Gegenstände und die Farbe Grün und Rot (in Relation zu Gelb und Blau) werden in der Peripherie weniger gut wahrgenommen.

Bildquelle: brainrecoveryproject.org

Für die visuelle Wahrnehmung ist das Zusammenspiel aus zentralem und peripherem Sehen notwendig – insbesondere bei der Informationsverarbeitung. So erhalten dezentral wahrgenommene Reize gegenüber dem Zentralsehen zunächst mehr Aufmerksamkeit, um z.B. bewegliche Objekte besser einordnen zu können. Anschließend hilft das neu ausgerichtete foveale Sehen (bei 1-2° höchste Sehschärfe im Zentralbereich der Netzhaut), um den Gegenstand einer besseren Analyse unterziehen zu können.

Das periphere Sehen liefert eher grob-unscharfe, verzerrte Seheindrücke außerhalb des Fixationspunktes. Aber durch die Zusammenschaltung von Sehzellen verschiedener Bereiche wird hier eine höhere Abtastfrequenz erreicht als dies bei fovealem Sehen der Fall ist.

Foveated Rendering durch Eyetracking hilft Rechenleistung einzusparen, indem nur der Punkt, auf dem sich der Nutzer fokussiert, scharf berechnet wird. Randbereiche, in denen Menschen unschärfer sehen, werden in niedrigerer Auflösung gerendert. Bildquelle: hexus.net

In Sachen VR ist es aufgrund verschiedener Faktoren schwierig, das optische Sichtfeld zu bemessen, denn der Aufbau der „virtuellen Pupille“ ergibt sich beim Headset-User durch eine Kombination verschiedener Faktoren: Der Augen-Abstand zur Linse, die Display-Größe, die Interpupillardistanz (IPD/ Distanz zwischen der jeweiligen Pupillen-Mitte beider Augen), die Brennweite der Linsen und schließlich auch die individuelle binokulare Ausrichtung der Augen. Passt der Augenabstand etwa nicht zum fixen Augenabstand des Headsets, ergeben sich Farb- und Sehverfälschungen.

Im Hinblick auf die visuelle Informationsverarbeitung können eine zu geringe Auflösung, Latenzen oder mangelnde Farbkontraste (chromatische Aberrationen) das immersive VR-Erlebnis stören oder gar zunichte machen.

Der Wahrnehmende orientiert sich stark durch peripheres Sehen. Nur so kann er seine Aufmerksamkeit bewusst lenken. VR-Headsets mit großem FOV (Field of View) bieten ein Mehr an Peripherie und infolgedessen einen wichtigen Beitrag für authentische Erfahrungen in virtuellen Welten.

Immersive VR

Bildquelle: amuse.vision

Für immersive VR sind Latenzzeit und Auflösung weitere wesentliche Faktoren. Ein weites FOV hat gegenüber kleineren Sichtfeld-Ausführungen jedoch den Vorteil, Verluste des peripheren Navigationssinns auszugleichen. Mangelt es dem User an peripheren Bereichen innerhalb der VR-Erfahrung, hat dies erhebliche Auswirkungen auf den Komfort: befindet man sich etwa in einem Raum, an dessen Ende man eine Tür erwartet, diese aber bei einer leichten Kopfrotation de facto nicht mehr sehen kann, hat dieser Umstand einen sehr nachteiligen Effekt auf das Präsenzempfinden. Das Gehirn weiß dann zwar, dass die Tür existieren müsste – visuell wahrnehmbar ist sie aber nicht.

Andererseits hilft ein kleineres Sichtfeld dabei, Unwohlsein durch unnatürliche und nicht von der Körperbewegung des Nutzers gesteuerte Bewegungen zu minimieren. Daher ist es wichtig, dass dieser Umstand, als auch Faktoren wie Linsengeometrie, Bildschärfe, Latenz oder Farbkontraste, berücksichtigt werden.

Mit einem diagonalen FOV von VR-üblichen 110° erfährt der Anwender gerade einmal ein Sichtfeld von etwas mehr als der Hälfte seines natürlichen Umfangs. VR-Headset-Entwickler wie Pimax haben sich daher darauf spezialisiert, Headsets mit größerem FOV anzubieten.

Eng mit dem FOV und der Sichtauflösung verflochten ist auch die Winkelauflösung, PPD (Pixel im Winkel von 1×1°). Da sich bei einem größeren FOV die Pixel auch stärker über den Sichtbereich hin verteilen, ergibt sich bei gleicher Auflösung trotzdem ein entsprechend unschärferes Bild gegenüber dem eines Headsets mit geringerem FOV. Der Mensch kann etwa 60 Pixel pro Grad auf seiner Netzhaut auflösen. Daraus ergibt sich: je höher der PPD-Wert, desto schärfer wirken Details unter der VR-Brille.

Bildquelle: amazon.de/Pimax

Ein weites FOV bedeutet allerdings grundlegend immer noch ein großes Headset. VR-Headsets, die so groß wie eine gewöhnliche Brille sind, werden wir wohl mittelfristig nicht sehen. Facebook Reality Lab arbeitet diesbezüglich allerdings vielversprechend an optischen Faltungen bzw. der Entkopplung von Sichtfeldweite/ Display-Gehäuse. Intel forscht zugunsten eines kompakten 180°-FOVs, an einem Mikro-Linsen-System.

Sight Plus…

Bildquelle: pimax.com

Im Sommer 2019 wurde Valve Index mit einem diagonalen FOV von 120-130 Grad und einer Bildrate von bis zu 144 Hz auf den Markt gebracht. Der Release brachte Schwung ins Geschehen, denn bis zu diesem Zeitpunkt galten Consumer-Headsets mit großem FOV (wie sie beispielsweise Pimax anbietet) eher als Nischenprodukte. Auch die VR-Brillen StarVR One (210° h, 130° v) und der diesjährige Red-Dot-Gewinner XTAL sind vielversprechend. Allerdings handelt es sich hier um VR-Headsets für Business-Kunden. So werden via XTAL u.a. VR-Simulationen für die NASA betrieben.

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