The Under Presents: Live-Schauspiel trifft VR-Storytelling

12. Februar 2021 Katrin Pape

The Under Presents: Live-Schauspiel trifft VR-Storytelling

Bildquelle: tenderclaws.com

Schon im vergangenen Jahr präsentierten Oculus, Spieleentwickler Tender Claws und die Darsteller von Piehole auf dem Sundance-Festival in Utah eine Art soziales VR-Spiel, welches immersives Theater, VR-Storytelling und Live-Performance verbindet: The Under Presents.

Nicht-Lineares Erleben

In „The Under Presents“ können sich VR-Spieler austoben, sich extensiv aller Experimentierfreude hingeben und, Metaebene für Metaebene, verwobene Geschichten – zum Beispiel an Deck des Forschungsschiffs „The Aickman“ – offenlegen. Allerdings soll die virtuelle Reise auch herausfordern: Gefühle des Verlorenseins, der Irritation und Unsicherheit müssen bewältigt werden. Was zu tun ist, welche Handlungsschritte neue Räume offenbaren und den Anwender zu mehr Handlungskompetenz führen, dies alles ist zunächst nicht sehr eindeutig.

Gewöhnlicherweise verfügt jede konventionelle Geschichte über einen linearen Plot. VR-Storytelling spielt an dieser Stelle mit jenen konventionellen Merkmalen. Mehr noch, es werden chronologische Verläufe zugunsten spezifischen Spielerverhaltens aufgebrochen. So kommt es, dass hier der VR-Anwender über Zeit und Raum bestimmt. Jeder Anwender wählt seinen eigenen Pfad, seine Interaktionen und bestimmt so auch seine Verweildauer in der virtuellen Welt.

Auch wir von Aspekteins haben uns auf VR-Storytelling spezialisiert. Wir haben eine Technologie entwickelt, aus 360°-Videos interaktive Erfahrungen zu generieren, die sich in Echtzeit auf das Verhalten des Nutzers anpassen. Wir nennen diese Technologie Hyperresponsive Virtual Reality (HRVR). Wir haben im Rahmen dieser Entwicklungen viel Erfahrung mit interaktivem Storytelling gesammelt. Hier in unserem Blog versuchen wir unter anderem, Sie an unseren Erfahrungen und Erkenntnissen teilhaben zu lassen. Zuletzt haben wir die Frage, wie man eigentlich eine interaktive Geschichte konzeptioniert, in einem ausführlichen Artikel beleuchtet.

The Under Presents: The Actors

„The Under Presents“ setzt den Nutzer nur teilweise in den Mittelpunkt. Es gibt Bereiche, in denen sich der VR-Spieler mit anderen Anwendern konfrontiert sieht. Zudem werden hin und wieder Live-Darsteller zugeschaltet. Diese fungieren als Impulsgeber – dabei ist für den VR-Spieler nicht gleich ersichtlich, hinter welchen der „animierten“ Figuren ein Mensch aus Fleisch und Blut steckt. Doch Vorsicht: manchmal begegnet man auch dem eigenen Spiegel.

The Under verzichtet dabei konsequent auf verbalen Austausch. Die Kommunikation erfolgt von Seiten der Spieler rein gestisch – z.B. durch Fingerschnippsen.

„We wanted to explore the relationship between theater, games, and immersive worlds; particularly, ideas of “performance” and player/audience agency: especially in relation to narrative.“

Samantha Gorman, Tender Claws Co-Founder

Was die Kraft der Immersion, relevant für eine überzeugende VR-Erfahrung, kräftig ankurbelt, sind die Live-Interaktionen. In Echtzeit mit versteckten Schauspielern agieren und anderen Spielern bei der Lösung von Aufgaben zusehen zu können, schafft ungeachtet aller Virtualität ein hoch-authentisches Setting. Spieler erleben sich auf diese Weise in ihrer narrativen Identität eher bestätigt. Sie fühlen sich handlungsfähiger. Eine VR-Erfahrung wird so zu einem hoch immersiven Erlebnis! Spieler können dabei nicht miteinander reden, sondern kommunizieren nur durch Gesten.

Doch „The Under Presents“ bietet auch einen Einzelspieler-Modus. Die Geschichte dreht sich um „The Aickman“, ein Forschungsschiff in Not. Wie der VR-Nutzer den darauf befindlichen Forschern zu Hilfe kommen kann und welche Rolle ein Delphin dabei spielt, verraten wir an dieser Stelle nicht.

The Under Presents | Oculus Quest

Bildquelle: 2020.award.amaze-berlin.de

Teil des Ensembles sein

Wie auch beim immersiven Theater stehen die Schauspieler nicht im Mittelpunkt der Erfahrung, sind aber elementarer Bestandteil des immersiven Erlebens: Sie tauchen unvermittelt auf und ab, geben Ratschläge und Hinweise oder sorgen für einen unterhaltsamen Mehrwert, z.B. in einer Varieté-Kulisse.

Angelehnt an die, damals sehr populären, Vaudeville-Performances des späten 19. Jahrhunderts, dienen zudem kleine In-Game-Performances als Zwischenstation. Hier treffen VR-User etwa auf Charaktere wie Helvetica Perpetua und sie erfahren mehr über deren Angewohnheiten und Kniffe aus der Trickkiste.

„The Under presents a mix of acts ranging from tap dancing fish to crooning ballards. Vaudeville also had associations with being a little rowdy or comedic or weird. Later, as cinema came into the picture, the line between live and filmed performances began to blur—this is a technique we’re using on The Under Stage.“ 

Tender Claws on The Under Presents
VR meets immersive theater - 'The Under Presents' case study | THE PORTAL

Masken entfernen, magische Aspekte freisetzen, Zeit beeinflussen… Mit rund 6-7 Stunden Einzelspieler-Erfahrung steckt die VR-Anwendung voller seltsamer Begegnungen, Begebenheiten und Rätsel.

„The Under Presents“ hatte im Sommer das Angebot zudem mit einer Live-Performance von Shakespeares „Der Sturm“ (The Tempest) erweitert, bei der VR-Spieler in Gruppen verschiedene Rollen der Charaktere um Prosperos übernahmen, komplett im Online-Multiplayermodus agierten und von einem Live-Schauspieler geführt wurden. Durch die Live-Elemente war dabei jede Aufführung anders.

„The Under Pesents“ ist für die Oculus Rift und die Oculus Quest erhältlich. Der Beginn der Einzelspieler-Erfahrung kann kostenlos ausprobiert werden, der restliche Umfang und Tickets für die Live-Performances – sobald wieder neue Aufführungstermine angekündigt werden sollten – können im In-Game-Shop erworben werden.

VR-Storytelling geht definitiv in eine neue, spannende Runde…

Auch wir verfolgen mit Hyperresponsive Storytelling einen non-linearen Ansatz, bei dem VR-Anwender den Plot der Handlung selbst vorantreiben. Dabei setzen wir auf die Analyse des bewussten und unbewussten Verhaltens des Nutzers. Dafür setzen wir verschiedene Trigger, die z.B. durch Änderung der Blickrichtung oder durch Sprache und Töne ausgelöst werden können. Die Kraft der Immersion wird hierdurch noch weiter vorangetrieben und User fühlen sich ganzheitlicher, individueller in den „Plot“ eingebunden. Die Anwendung reagiert wie magisch von alleine auf den Nutzer, ohne dass dieser etwa durch Buttons eine Auswahl zwischen verschiedenen Pfaden treffen müsste. Auf verschiedenen Meta-Ebenen kann die Handlung dann vom Protagonisten, dem VR-Nutzer selbst, vielfältig erforscht werden.

Haben Sie Fragen zu VR-Storytelling und HRVR? Oder suchen Sie vielleicht sogar einen Partner für Ihr eigenes VR-Projekt? Unsere VR-Experten der Aspekteins GmbH stehen Ihnen gerne mit Rat & Tat zur Seite:

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