Um auch kognitiv und körperlich behinderten Menschen eine Ausbildung im Kfz-Handwerk zu ermöglichen, soll die adaptierte Lernplattform „InKraFT“ weiterhelfen und mit VR-Lernumgebungen zu mehr Inklusion beitragen.
Das Projekt mit dem vollständigen Namen „Inklusion in der beruflichen Bildung am konkreten Fall der Kfz-Mechatronik mittels Virtual Reality Technologie“ passt sich den spezifischen Handicaps der Nutzer an, wobei Lern-Inhalte über Assistenzsysteme in besonders leichte Sprache und Texte umgewandelt werden.
Barrierefreie VR-Lernumgebung
Das vom Bundesbildungsministerium geförderte Forschungsprojekt wurde zwischen 2017-2020 von verschiedenen Partnern realisiert, u.a. vom Berufsbildungszentrum der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis, das über langjährige Erfahrungen in der Durchführung von behindertenspezifischen, berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen verfügt, und dem Center for Cognitive Science der Technischen Universität Kaiserslautern.
Die VR-Lernumgebung soll körperlich behinderte oder kognitiv beeinträchtigte Menschen – sofern diese körperlich bzw. kognitiv durchaus in der Lage sind im Kfz-Handwerk zu arbeiten – v.a. praktische Fertigkeiten der klassischen Mechatroniker-Ausbildung vermitteln.
Auch wenn die körperlichen Beeinträchtigungen letztlich so groß sind, dass z.B. ein Nutzer nie selbst an einem Auto Hand anlegen wird, können weiterhin Tätigkeiten im Diagnose-Back-Office oder in der Werkstatt-Hotline möglich bleiben.
“Dieses handlungsorientierte Lernen aus der Ich-Perspektive wird durch die immersive Umgebung noch verstärkt. Das heißt, der Auszubildende hat durch die VR-Brille das Gefühl, wirklich in der Werkstatt zu sein und praktische Tätigkeiten wie in der realen Welt durchzuführen.“
S. Bender, InKraFT-Projektpartner AWS-Institut
Das Projekt ergänzt die im klassischen Unterricht der Ausbildung vermittelten Inhalte durch barrierefreie Lerninhalte, die über eine Onlineplattform vermittelt werden und auf die Bedürfnisse der Lernenden zugeschnitten sind. Dabei wird nicht versucht, die bestehende Ausbildung zu ersetzen, sondern das VR-Training geschickt in die curricularen Strukturen der Berufsschule einzubinden und mit klassischen Lehransätzen zu kombinieren. Anstatt in die BBZ-Lernwerkstätten geht es für Anwender in eine virtuellen Simulation der realen Kurs-Umgebung.
Für die Vermittlung der theoretischen Inhalte dienen Web Based Trainings (WBTs), die Grundlagen des Ausbildungskurses „GK4/15“ aufbereiten. Dieser Kurs ist Pflichtprogramm für jeden Kfz-Mechatronik-Lehrling im 1. Ausbildungsjahr und vermittelt Grundlagen für die Instandsetzung von einzelnen Fahrzeugbaugruppen. Hier wird wichtiges Praxiswissen gelernt.
Azubis üben in kleinen Gruppen etwa zum ersten Mal während ihrer Ausbildung die (De-)Montage von Motoren und Bremsanlagen.
Lernwerkstätten anders
In der virtuellen Umgebung können VR-Nutzer somit alle kursspezifischen Tätigkeiten barrierefrei üben und ebenfalls in die praktischen Teile des Grundlehrgangs „Reparaturtechnik 4“ eingewiesen werden.
Zu dessen Schwerpunkten zählen das Messen und Prüfen von Systemen, das Diagnostizieren von Fehlern und Störungen an Fahrzeugen und die Reparatur von Baugruppen.
Zusammen mit dem VR-Anwender geht das Assistenzsystem zunächst alle Arbeitsschritte theoretisch durch und leitet durch z.B. schriftliche Instruktionen an. Anschließend muss der Lernende dann selbstständig innerhalb der virtuellen Kfz-Werkstatt agieren.
Über einen Prüfungsmodus kann der Lernende anschließend die Aufgaben auch ohne Hilfestellungen erledigen und sich selbst auf die Probe stellen.
„Schwierig ist es eine Gratwanderung zwischen einfachen Methoden und fachlich hohem Niveau zu schaffen (…) Wir wollen, dass unser Konzept Teil einer Berufsausbildung sein kann.“
U. Petruschkat, BBZ Kreishandwerkerschaft MK
Ein großer Vorteil der VR-Simulation ist die ortsunabhängige Unterweisung, die auch bei der Fernwartung eine maßgebliche Rolle spielt: Mithilfe einer 360-Grad-Kamera wird ein Rundum-Livestream aus einer Werkstatt in die VR-Brille übertragen und ein versierter Meister, der seinen Beruf nicht mehr aktiv ausübt, kann wichtiges Fachwissen – etwa im Rahmen von Diagnoseprozessen – an Auszubildende und Gesellen weitergeben.
Trotz körperlicher Einschränkung kann ein Meister auf diese Weise immer noch Lernende mit verminderter kognitiver Leistungsfähigkeit anleiten. Auch Arbeitsplätze werden geschaffen und erhalten.
Neben der theoretischen und praktischen Wissensvermittlung in VR sind verschiedene Themen des Grundkurses sowie darauf aufbauende Inhalte als 360-Grad-Lernvideos konzipiert. Diese Lerneinheiten dienen der nochmaligen Reflexion praktischer Inhalte oder vermitteln darüber hinaus auch vertiefende Kenntnisse.
Vorteile der Kfz-VR-Lernumgebung:
- Inklusives Lernen
- Virtuelle Interaktionen, unabhängig von Zeit, Raum und (zum Teil) körperlichen Anforderungen
- Medienkompetenzentwicklung
- Verdeutlicht werden Einsatz und Umgang mit digitalen Medien allgemein und zur Inklusion
- Fachkompetenzentwicklung
- Virtuelle Umgebung entspricht weitestgehend realen Lern- und Arbeitsbedingungen
- Selbstkompetenzentwicklung
- Selbstbestimmtes Entscheiden über eigene Handlungen stärkt Selbstvertrauen und Selbständigkeit
360-Grad-Videos eignen sich exzellent zur Darstellung komplexer Sachverhalte – gerade wenn es um räumliche Beziehungen oder ein Verständnis für unterschiedliche Dimensionen geht!
Auch die Möglichkeit, Nutzer an Orte zu versetzen, zu denen diese physisch sonst keinen Zugang erhalten, bietet großes Potential (Lesen Sie mehr zu diesem spannenden Thema in unserem Beitrag „Wissenschaft im Rundumblick-Helmholtz-Zentrum und Aspekteins starten 360-Grad-Videoreihe“).
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