Nur zwei Tage, vom 5. bis 7.1.2022, fand die Consumer Electronic Show/CES in Las Vegas statt. Grund für die Verkürzung waren viele Absagen aufgrund von Quarantäne und Bedenken wegen der Omikron-Variante.
Nicht nur blieben viele Besucher der Elektronikmesse fern, auch Unternehmen wie T-Mobile, Amazon, Lenovo, Meta, General Motors, Microsoft und auch Intel verlagerten ihre Präsentation ins Internet. So halbierte sich die Summe aller CES-Aussteller von sonst rund 4500 Ständen auf nur 2200.
Etwa 45.000 Messe-Besucher reisten dennoch zur CES 2022 an. Für alle, die nicht vorbeikommen konnten oder wollten, verblieben umfangreiche Online-Produktpräsentationen, digitale Vorträge, Keynotes und Fragerunden – und natürlich unser jährlicher Rückblick auf die AR-, VR- und MR-Highlights.
AR, MR, Smartglasses
Auf der CES gab es gleich zu Jahresbeginn einen Vorgeschmack darauf, wohin die Entwicklung kompakter, jedoch nicht minder effizienter Smartglasses, MR- und VR-Brillen gehtd.
Vuzix Corporation, Entwickler von AR-Wearable-Displays und Computergeräten für Verbraucher- und Unternehmensmärkte, hält weit über 200 Patente sowie zahlreiche Lizenzen im Bereich Video-Eyewear. Auf der diesjährigen CES stelle das Unternehmen seine Kooperation mit dem Optikerunternehmen Fielmann und eine neue Datenbrille vor.
Im Rahmen eines Proof-of-Concept-Programmes hat Vuzix eine neue Datenbrille vorgestellt, die sich Verizons 5G- und Edge-Computing-Technologien für AR-Erfahrungen zu nutze macht: Die Vuzix Shield. Die Datenbrille kommt nicht ganz aus dem Nichts: Unter dem Namen „Vuzix Next Generation Smart Glasses/NGSG“ war sie schon zuvor bekannt.
In Zusammenarbeit mit Fielmann, TeamViewer und anderen Software-Lösungen entwickelt, soll die AR-Brille mit miniaturisierten Mikro-LEDs/uLED für Mitarbeiter in der Industrie nicht nur ergonomisch angenehm und modisch sein: Usecases wie AR-Remote-Service sollen sich auch noch praktikabler gestalten als mit Konkurrenzprodukten.
Intention ist es, Vuzix Shield zukünftig auch für Sporttrainings und immersive Fan-Erlebnisse zu koppeln.
In der Vergangenheit haperte es bei Datenbrillen noch oft an begrenzter Akkulaufzeit. Zudem unterstützen die meisten Mobiltelefone keine Smartglasses zur Übertragung entsprechender AR-Inhalte. Dazu müssen Unternehmen wie Google oder Apple entsprechende Änderungen an ihren Betriebssystemen vornehmen.
Vuzix erhielt aufs Neue Auszeichnungen auf der CES: diesmal zwei Innovation-Awards, die insbesondere das binokulare diffraktive Linsendesign hervorhoben.
Die Waveguide-Technologie sorgt für minimale Reflexion und kann aufgrund des Laserätzverfahrens besser in Serienproduktion hergestellt werden als andere Linsentechnologien (Lesen Sie mehr über Waveguide-Technologie in unserem Beitrag „ThinkReality A6-Lenovos Starter auf dem AR-Headset-Markt“).
Die Smartglasses sind auch sicherheitszertizifiert.
- Prozessor: Snapdragon® XR1-Plattform 8-Kern-CPU
- Betriebssystem: Android 10
- Waveguide Design: 120″- Stereodisplays mit uLED (Miniatur-Mikro-LED), monochromes Grün
- Nach vorne gerichtete Stereo-HD-13MP-Kameras/4K-Videos/30 fps
- Steuerung: Touch- & Sprachsteuerung in mehrere Sprachen; Drittanbieter-Integratoren über SDK
- Konnektivität: USB 3.1 Gen2 über USB, Wi-Fi 802.11/b/g/n/ac 2.4/5GHz, Bluetooth 5.0 BR/EDR/LE
- Interne Mikrophone mit Geräuschunterdrückung
„The combination of Fielmann smart glasses frames with Vuzix smart glasses powered by TeamViewer Frontline and other software solution offerings provides fashion friendly, comfortable, and vision correction script-capable wearable options for frontline workers to allow them to work safer, more efficiently and longer.“
Paul Travers, CEO Vuzix Corporation
Ein frisches Smartglasses-Prototypen-Debüt gab es vom sonst eher für die Herstellung von OLED-Bildschirmen bekannten Hersteller TCL.
Mit der NXTWEAR AIR können Nutzer Fotos aufnehmen und versenden oder sich in Videokonferenzen einwählen. Die Brille kommt mit einem auf Waveguide-Technologie basierten binokularen Mikro-OLED-1080p-Farbdisplay und 47ppd-Auflösung. NXTWEAR AIR wird über einen Qualcomm 4100 Prozessor, der auch in manchen Smartwatches verbaut ist.
Die faltbare, nur 100 Gramm schwere Brille kann über USB-C flexibel mit Smartphone, PC oder iPad verbunden werden.
Ein Veröffentlichungszeitraum der Datenbrille ist noch nicht angekündigt, denn das Unternehmen arbeitet weiter an technischen Details zu Oberflächenbedienung und weiteren Usecases. Ein anderer Aspekt sind Datenschutzbedenken, denen sich TCL, mit Blick auf die an dieser Hürde gescheiterte Google Glass, nicht negativ ausgesetzt sehen will.
Vor dem Verkaufsstart sollen auch zugehörige Controller vorgestellt werden.
Auch Kura Technologies stellte mit Kura Gallium Augmented Reality Smart Glasses auf der CES eine bereits 2019 präsentierte und nun marktreife, äußerst kompakte Datenbrille vor.
Die Auslieferung wird zum Ende des Jahres erfolgen und natürlich erhielt auch dieses Startup aus der Bay Area den CES-Innovationspreis 2022.
- Sichtfeld: 150° FOV diagonal, ca. 120° horizontal, 82-90° vertikal, mit ca. 75% Flächenüberlappung der Augen, automatische IPD-Erkennung (55-68mm)
- Display: full color micro-LED, 8K-Auflösung pro Auge, 70ppd, 120 Hz (variabel), PC Vollbild-Rendering möglich
- Bis zu 2M nits, hohe Helligkeit
- USB-C
- PC-Version arbeitet mit Windows; Android und Linux werden später unterstützt
- Hochpräzises 6DOF-Tracking über Vision/IMU mit integrierter Sensorfusion, Eye-Tracking, Gesteneingabe mit dedizierten Eingabe-Controllern, globale Telepresence-Plattform mit Robotik-Integration
- Unity-, Unreal-& OpenXR-Unterstützung, alle APIs unter einfacher C-Version
- Akkulaufzeit: 6 Stunden
- ca. 1500 US-Dollar.
Panasonics Unternehmenstochter Shiftall hat seine neuen Tiny Goggles, MeganeX präsentiert.
250 Gramm leicht und mit innovativen Pancake-Linsen und Mikro-OLED ausgestattet ist das Gerät für Endverbraucher voraussichtlich ab Frühjahr für 900 US-Dollar erhältlich.
Pancake-Optiken bieten bei AR sowohl den starken Vorteil, Mikrodisplays näher am Bildschirm montieren zu können, als auch Gewicht zu reduzieren.
Jedoch: MeganeX benötigt einen PC bzw. USB-C-Verkabelung; alternativ lässt sich eine Kombination aus Display-Port, USB 2.0 und der beiliegenden Adapter-Box nutzen.
Die eingebauten Kopin-Linsen heißen „Lightning“, sind 1,3 Zoll klein und lösen je Auge mit 2560 x 2560 Bildpunkten bzw. in 5,2K auf. Weiter bietet die VR-Brille 120 Hz Bildwiederholrate, 10 Bit Farbtiefe und 6 DoF-Inside-Out-Tracking (d.h. erfasst werden Kopfdrehung-und neigung sowie Bewegung im Raum).
Ein ähnliches Konzept präsentierte HTC kürzlich mit der Veröffentlichung der Videobrille Vive Flow, die jedoch noch auf klassisches LCD setzt und räumliches Tracking ausklammert. Sowohl Vive Flow als auch MeganeX arbeiten mit Qualcomms Snapdragon XR1.
Shiftall präsentierte auch Pebble Feel, einen um den Rücken geschnallten Gurt, der Hitze und Kälte simuliert, sowie ein Full-Body-Tracking-System zur Avatar-Beinverfolgung (HaritoraX) mit breiter VR-Headset-Kompatibilität.
Die neuen MR Razor Glasses kommen von ThirdEye.
Spiele, Unterhaltung, aber auch Telemedizin und Remote-Viewing sind mit den Mixed-Reality-Glasses möglich. Wie mit der Vive Flow können Nutzer hier auch Filme oder Fernsehsendungen mit 3D-Ton ansehen bzw. -hören.
Darüber hinaus werden die Verbraucher in der Lage sein, die Vorteile bestehender ThirdEye-Software wie eine Echtzeit-Assistenzplattform für die Hilfe von Wartungen & Reparaturen zu nutzen. Ärzte oder Pflegepersonal können die HPPIA-zertifizierte RespondEye-Plattform für Remote-Kommunikation nutzen.
Die 85 Gramm leichte Razor MR-Brille verfügt über ein 43°-FOV-/120-Zoll-Display, 70-Hz-Bildwiederholrate, zwei Mikrofone mit Rauschunterdrückung und 8 Stunden Akkulaufzeit.
Razor MR kann mit den meisten Android und iOS-Geräten verbunden werden. Auch Telefone, die einen Display-Port (DP)-Ausgang unterstützen, Laptops und Tablets mit einem USB-C-Anschluss sowie Spielekonsolen über HDMI-Adapter sind kompatibel.
„For the Razor MR Glasses, we wanted to accommodate a variety of needs. For example, these mixed reality glasses are lightweight and myopia friendly, allowing nearsighted users to adjust the Razor MR Glasses from zero to negative five diopters with a single twist of a knob on the side of the glasses. Now, no one will need to attempt stacking multiple eyewear pieces – as is needed with VR solutions, making it extremely comfortable for daily use.“
Nick Cherukuri, Gründer und CEO ThirdEye
DigiLens präsentierte die zweite Generation der Crystal30-Display-Technologie, die neue EnLiten30 Light-Engine, sowie die Crystal50-Entwickler-Hardware Design v1.
Merkmale des neuen vollfarbigen Crystal30-Waveguide der 2. Generation:
- VBG-Technologie /Volume Bragg Gratings, hocheffizienter diffr. Wellenleiter, Innen-und Außenumgebung, <8.5% Ausleuchtung
- Wirkungsgrad > 500 Nits pro Lumen (n/L)
- bietet Kunden 16:9 oder optional 4:3
- unterstützt 1,2 Bogenminuten pro Pixel /50 Pixel pro Grad (ppd)
DigiLens kündigte auch eine einzigartige 30°-LCoS-LED-Light-Engine mit 720p-Sichtfeld namens EnLiten30 an, die mit der Crystal30-Waveguide-Technologie kombiniert werden kann.
- Basiseffizienz von 5 Lumen pro halbes Watt
- maximale Spitzenhelligkeit von 10 polarisierten Lumen mit einem
- ANSI-Kontrastverhältnis von >100:1
- Bildrate von >60 Bildern pro Sekunde
- Gehäusegröße von 2,5 cm³ bei einer Gesamtkomponentengröße von <4,0 cm³; kann in einer Längs- oder einer rechtwinkligen Ausgangskonfiguration gebaut werden
DigiLens-Technologien könnte damit alle großen Technologieunternehmen unterstützen, die auf XR im industriellen Internet der Dinge setzen.
Neue Sichtweisen in VR
Rendever hat seine Senioren-Fitness-Plattform Rendever Fit vorgestellt. Sie ist kompatibel mit Pico Neo 3 Pro und verfügt über 6DoF-Tracking.
Mit der Rendever-App haben VR-Nutzer z.B. die Möglichkeit sich drei interaktiven Disziplinen zu widmen und in Gruppenaktivität zu üben, an Orte aus der Vergangenheit zu reisen und Kontakt mit weit entfernten Familienmitgliedern zu pflegen.
Das Bostoner Startup setzt seit 2016 verstärkt auf Anwendungsfälle für Seniorenheime und möchte mit seiner VR-Plattform Alternativen gegen Demenz, Depression oder Einsamkeit aufzeigen.
VRgineers hat ein neues VR-Headset vorgestellt, welches sogar einen Mixed-Reality-Modus bietet, Allerdings müssen Profi-Anwender und Unternehmen für die VR-Version rund 9000 US-Dollar, für die Mixed-Reality-Version circa 11.500 US-Dollar hinblättern wollen.
Die neue XTAL 3 verfügt über zwei LCD-Displays mit einer Auflösung von 3.840 x 2.160 Pixeln je Auge. Abhängig von der Auflösung liegt die Bildwiederholrate bei bis zu 120 Hz, bei 4K-Auflösung im Mixed-Reality-Modus bei maximal 75 Hertz; im VR-Modus mit Foveated Rendering können 3.864 x 2.192 Pixel je Auge mit 90 Hz darstellt werden. Das FOV liegt bei bis zu 170° horizontal/ 90° vertikal. Werden andere Linsen genutzt, kann das Sichtfeld unter Erhöhung der Pixel je Grad eingeschränkt und eine noch bessere Bildqualität erzielt werden.
Mit nur 700 Gramm unterstützt die VR-Brille Inside-Out-Tracking sowie Optitrack, Polhemus, Steam VR oder OpenXR und diverse Simulationssysteme wie FlyInside.
Das VR-Headset ist über Virtual-Link angebunden, kann alternativ aber auch per DisplayPort 1.4 und USB 3.2 Gen2 betrieben werden.
Zudem haben Microsoft und Qualcomm eine Partnerschaft verkündet, um künftige Mixed-Reality-Headset-Generationen noch handlicher, kleiner, aber auch wesentlich kompatibler zu machen (Android, Windows devices).
Cambridge University Hospitals NHS Trust & VR-Entwickler GigXR kooperieren nun in Sachen Safe-to-Fail-Learning: Mixed-Reality-Simulationstraining für angehendes Medizinpersonal.
Natürlich gab es auf der Elektronikmesse auch Neuigkeiten aus den Häusern Intel, AMD & NVIDIA.
So z.B. neue Raytracing-Grafikkarten und CPUs von AMD, etwa Rembrandt-Ryzen 9 6980HX, Ryzen 9 6900HX, 7 6800H, RX 6500 RT,
Radeon RX 6850M XT und (fürs Frühjahr) Ryzen 7 5800X3D, den weltweit schnellsten Desktop-Gaming-Prozessor mit 3D-Schichtungs-Technologie, 8 Kernen, Steigerungstakten von bis zu 4,5 GHz sowie eines L3-Caches mit 96 MB für optimierten Speicherzugriff.
NVIDIA präsentierte die neue GeForce RTX 3090 Ti und schließlich auch eine Plattform, die eine Vielzahl von Design- und Entwicklungstools miteinander vernetzt. Die Plattform trägt den Namen Omniverse und steht Entwicklern ab jetzt zur Verfügung.
Intel informierte ebenfalls über neue Entwicklungen und präsentierte eine ganze Reihe von CPUs aus der Alder-Lake-Serie.
Auch HTC ließ von sich hören und stellte nach einigen VR-Headset-Veröffentlichungen im Jahr 2021 (u.a. Vive Pro 2 und Vive Focus 3) neue Hardwarelösungen vor: etwa einen Handgelenk-Tracker und ein Ladegerät für mehrere Akkus.
Der Handgelenk-Tracker ist speziell für Focus 3 konzipiert und funktioniert auch, wenn sich die Hände des VR-Nutzers außerhalb der Erfassungsumgebung der Trackingkameras befinden oder sich gegenseitig verdecken. Auch lässt sich der Handgelenk-Tracker an anderen Orten befestigen und Trackingbereiche so erweitern.
Das Gerät soll 4 Stunden Akkulaufzeit bei konstantem Gebrauch gewährleisten und ab Frühjahr 2022 für 130 Euro erhältlich sein.
Zudem sind bei HTC Software-Optimierungen wie MDM, 2D-Anroid-App-Support oder Batch Konfiguration im Anmarsch.
Fehlende Technologiereife war lange eines der größten Hemmnisse bei der erfolgreichen Einführung von AR und VR. Inzwischen hat sich immens viel getan!
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