Mal wütend sein – das kennt jeder: schnell fallen auch Worte, die man später rückblickend oft „gar nicht so meinte“. Was aber, wenn Wut zum ständigen Begleiter wird und unterdrückte Aggressionen konsequent Konflikte im Alltag provozieren?
VR-Exposition, neue Möglichkeiten schaffen
Virtual Reality wird inzwischen in vielen Lernszenarien eingesetzt, etwa in der Ausbildung, im Handwerk oder auch zum Training von Gefahrensituationen.
Die der virtuellen Realität eigene Immersion unter dem VR-Headset mit dynamischen, interaktiven Lernszenarien bietet viele Chancen und Möglichkeiten, denn VR-Nutzer trainieren Aufgaben nicht nur spielerischer, sondern auch ohne Ablenkung von außen.
Im Gegensatz zu Augmented Reality „taucht“ VR seine Anwender regelrecht in virtuelle Szenarien „ein“ und ermöglicht realitätsnahe Konfrontationen mit spezifischen Inhalten.
Beispielsweise können im virtuellen Training Lernsituationen mehrmals durchgeprobt. So wird VR-Anwendern die Möglichkeit gegeben, bestimmte Abläufe stets aufs Neue zu üben.
Wichtig ist hierbei immer die Reflexion über das eigene Verhalten und die Spiegelung des Handelnden in Form von Signal-Rückmeldungen. Auch Experten, die als Agierende oder Beobachter in das VR-Lernszenario eingebunden werden, können direktes Feedback liefern.
Sogar kollaboratives Lernen ist möglich und inzwischen wichtiger Bestandteil vieler Ausbildungen: das Üben in der Gruppe verschafft wichtige Lernvorteile, etwa in der Beobachtung von Verhaltensweisen, die andere Mitstreiter im Trainingsszenario an den Tag legen.
In den letzten Jahren sind auch psychologische Trainings in den Vordergrund gerückt. So haben Wissenschaftler in Studien etwa feststellen können, dass sich beispielsweise bei Angststörungen in VR nicht nur Trigger-Situationen trainieren lassen, sondern konventionelle Therapien effektiv unterstützt werden können.
Reflexion über VR fördern
Virtuelle Exposition ist kein kompletter Ersatz für die Therapie, hilft aber unterstützend dort, wo der Therapeut nicht zugegen sein kann und Klienten mehr für ihre Genesung tun möchten. Gerade weil die Situation sich zwar real anfühlt, jedoch simuliert wird, können besonders triggendere Erfahrungen gut in VR erprobt werden und bieten einen sanften, niederschwelligen Einstieg in die Expositionstherapie.
Das ist sehr wichtig, denn Real-Expositionen werden häufig vermieden – und das nicht nur von den Betroffenen. Eine Untersuchung unter über 200 Therapeuten ergab: viele verhaltenstherapeutisch geschulte Experten wenden eine Konfrontationstherapie nur eingeschränkt bis gar nicht an.
Grund sei etwa die eigene psychische Belastung durch Überarbeitung, organisatorische Probleme oder die eigene Angst vor dieser neuen Herausforderung. In der Summe konstatieren Forschende gar eine Art „phobie à deux“, d.h. eine Angstproblematik bei Klient und Therapeut gleichermaßen!
Während ein Drittel der Verhaltenstherapie aus aktiven Übungen, Exposition und Verhaltensexperimenten bestehen sollte, stehen bei über 90 Prozent der behandelten Fälle allein Gespräche zur Disposition.
VR kann eine reale Chance bieten, Expositionstherapien wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken!
Einer Chronifizierung von psychischen Krankheiten kann ebenfalls vorgebeugt werden, sofern eine Therapie nicht oder nur unregelmäßig stattfinden kann. Dabei helfen etwa niedrigschwellige Expositionsszenarien in den eigenen vier Wänden.
Professionelle Unterstützung bietet VR-Exposition gemeinsam mit dem Therapeuten im institutionellen Setting; dann fungiert der Therapeut als Beobachter, Analyst oder Co-Teilnehmer der VR-Anwendung. Klient und Therapeut können über aufgenommenes Videomaterial rückwirkend wichtige Schlüsse aus der virtuellen Konfrontation ziehen.
Gefühle spüren, das ist wichtig. Auch bei Aggressions-Problemen ist es für Betroffene relevant, sich den Mechanismen dahinter bewusst zu werden. Oft sitzen verdrängte Trauer und Enttäuschung am Anfang der Gefühlskette – Wut zeigt sich „nur“ als der nach außen gesetzte Ausdruck nicht zugelassener Emotionen. Ursache können auch komplexe posttraumatische Belastungsstörungen sein.
Für Wutanfällige ist es oft nicht einfach, inmitten einer „Achterbahn von Gefühlen“ zu entschleunigen.
Eintauchen, Konfrontation!
Das Bemessen von Hirnaktivität in kontrollierten Laborbedingungen ist oft schwierig. Herkömmliche Methoden setzen beispielsweise auf Video- oder Bildmaterial. Diese können gut repliziert werden, doch bilden sie die Realität nur unzureichend ab. Probanden erfahren mit diesen Methoden keine reale dreidimensionale Exposition, die körperlichen Erfahrung wird verfremdet. Daher wird auch in Sachen Grundlagenforschung, sozusagen als Basis für spätere Therapieerfolge, aktiv in und mit VR geforscht. Hier können Nutzer*innen stärker in die Szenarien eingebunden werden.
Durch VR-Exposition gemessene Hirnaktivitäten kommen denen durch eine reale Konfrontationen evozierten wesentlich näher. Eingesetzt wird die Technologie beispielsweise von Forschern des Max-Planck-Instituts.
Faktor für das Ausmaß an emotionaler Erregung sind die sogenannten Alpha-Oszillationen: diese Form rhythmischer Gehirnaktivität ist umso höher, je niedriger deren Stärke im EEG-Signal. Heißt: je weniger Alpha-Oszillations-Aktivität, desto erregter die betreffende Person. Hinzu kommen Daten, die durch Eye-Tracking gesammelt werden können – diese Technologie ist in vielen VR-Headsets schon von Haus aus verbaut. Weitere der Immersion hinderliche Technik ist also nicht erforderlich.
Virtual Reality bietet spannende Ansätze, aber auch konkrete Lösungen, Therapiespektren qualitativ zu erweitern.
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