Ein Mahnmal in AR – Die virtuelle Realisierung eines lang gehegten Projektes

23. August 2019
23. August 2019 Katrin Pape

Ein Mahnmal in AR – Die virtuelle Realisierung eines lang gehegten Projektes

Bildquelle: facebook.com/BennoElkan

Benno Elkan wurde 1877 als Sohn eines Schneidermeisters in Dortmund geboren. Er war Gründungsmitglied des ersten Dortmunder Fußballvereins, dem Dortmunder FC 95, und später sogar an der Entstehung des FC Bayern München beteiligt. Elkan war somit ein echter Fußballpionier. Aber vor allem war Elkan auch ein passionierter Künstler, der sich bis zu seinem Tod im Jahr 1960 unermüdlich der schöpferischen Ausgestaltung seiner Ideen verschrieben hatte.

Als Maler an den Akademien in München und Karlsruhe ausgebildet, wendete er sich ganz der Bildhauerei. Diese Disziplin war seine ganz große Leidenschaft. Elkan hatte sich seine Fähigkeiten autodidaktisch angeeignet. Es gelang ihm, die Menschen von seinen Künsten außerordentlich zu beeindrucken. Sehr viel Feingefühl lag in seinen Werken und die dargestellten Personen schienen stets unmittelbar auf ihren Betrachter zu wirken.

Anfang des letzten Jahrhunderts bekam er in seiner Heimatstadt einen herausfordernden Auftrag: Auf dem Ostfriedhof, einem Ruheort v.a. auch reicher Industrieller, sollte er für das Grab einer renommierten Familie eine Skulptur schaffen. Mit „Die Wandelnde“ gelang es Elkan nachhaltig von sich reden zu machen: Besucher waren von der besonderen Stimmung, die von der in sich gekehrten, dargestellten Frauenfigur auszugehen schien, angetan. Es flatterten noch mehr Aufträge herbei.

Bennos Traum…

Er reiste nach Paris und stellte alsbald im Rahmen der Société Nationale des Beaux-Arts aus – einer Künstlervereinigung, der einst Größen wie Manet, Doré oder Delacroix vorstanden. Die Kontakte nach Dortmund hielt er aufrecht. Hin und wieder schaffte er nun auch weitere Plastiken auf dem Ostfriedhof.

Elkan realisierte Aufträge jeglicher Facette: Grabmäler, Portraitbüsten, Medaillen. Später sollte ihn nur das Berufsverbot ausbremsen. London erwies sich für ihn als dankbares Exil mit vielen Kontakten und Möglichkeiten und er arbeitete sogar für die Westminster Abbey.

Davor schon bereiste er Rom und lebte in Florenz und Neapel. Umgeben von „le belle arti“ studierte er intensiv die Renaissance. Die Einflüsse seiner Auslandsaufenthalte spiegeln sich in wichtigen Arbeiten wieder.

Vor Donatellos Relief im Dom zu Padua, das ihn zu einer Grabarbeit in Bad Godesberg inspirierte, ist es vor allen Dingen auch Rodin, der immer wieder eine große Rolle spielte. Dem weltberühmten Bildhauer begegnete Elkan bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in Paris und war schwer beeindruckt…

Dieser Umstand schlägt sich auch künstlerisch nieder: Elkan erhielt 1919 von der Stadt Frankfurt am Main den Auftrag, ein Mahnmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges zu schaffen. Dabei schwebte dem talentierten Künstler auch das Höllentör seines Vorbildes Rodin vor: Ein massives Bronzetor von fast sieben Metern, angelehnt an Dantes Inferno. Unermüdlich arbeitete er an dem Konzept für das Projekt, doch die Stadt Frankfurt lehnte dieses am Ende ab – für diesen Beitrag an Erinnerungskultur ist man, so kurz nach den Kriegsereignissen, doch nicht so ganz bereit.

Bildquelle: nordstadtblogger.de/ Archiv d. Akademie der Künste

Bearbeitete Fotografien des Gipsmodells. Bildquelle: nordstadtblogger.de/ Archiv d. Akademie der Künste


Bildquelle: nordstadtblogger.de/ Archiv d. Akademie der Künste

Ein neun Meter breites Granitwerk schwebte Elkan vor, dazu eine kleinere Bronzeskulptur. Doch das Mahnmal wurde nie realisiert, auch später für die Stadt Dortmund nicht. Einzig ein Gipsmodell wurde vom Künstler geschaffen, das jedoch von der Bildfläche verschwand und bis zum heutigen Tage als verschollen gilt.

Über 60 Jahre danach gibt es allerdings eine glückliche Kehrtwende: Der Stadt Dortmund, dem Historischen Verein, dem auf AR-App-Entwicklung spezialisierten Unternehmen viality und vielen weiteren Akteuren gelingt es, das Mahnmal des Benno Elkan im 21. Jahrhundert zum Leben zu erwecken.

Den Anstoß gab Elkans Enkelin bereits 2016. Beryn Hammil hatte die fotografischen Überbleibsel des Modells im familiären Nachlass vorgefunden und wies nun, zur Einweihung der Benno-Elkan-Allee, den Dortmunder Oberbürgermeister auf das Bildmaterial hin. Ein interessierter Stab um den ehemaligen Museumsdirektor Wolfgang Weick, motivierte weitere Akteure zur Teilnahme am Projekt: „Bennos Dream“ wartete noch immer darauf, Wirklichkeit zu werden…

Optische Rekonstruktion in Augmented-Reality

Bildquelle: facebook.com/BennoElkan

„Das Werk des gebürtigen Dortmunder Künstlers Benno Elkan hat für unsere Stadt eine elementare Bedeutung.

Benno war selbst ein Opfer des Krieges und hat seine schrecklichen Erlebnisse in diesem Mahnmal gegen den Krieg verarbeitet. Sein Traum war es, dieses Mahnmal in seiner Geburtsstadt Dortmund (…) zu erschaffen.“

Wolfgang Weick, Historischer Verein Dortmund

Grundlage der Augmented-Reality-Anwendung waren gerade einmal eine Handvoll alter schwarz-weiß Fotografien jenes verschwundenen Gipsmodells. Gleichsam gab es keine Hinweise auf Maßstab oder technische Angaben, noch waren die unterschiedlichen Perspektiven auf den Fotos hinreichend auszumachen.

Was sich erst einmal nach wenig anhört, mauserte sich, dank unermüdlichen Einsatzes (vor allem ehrenamtlicher Art) zu einem beeindruckenden AR-3D-Werk. Mittels der Benno Elkan AR können z.B. Besucher im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte, MKK, das Mahnmal via Tablet oder eigenem Smartphone bestaunen.

Premiere für die Enkelin des Künstlers; die Benno Elkan App wird durch Meta 2 Lenses in 3D sichtbar. Bildquelle: viality.de

Für die Zuschauer im Raum gab es die Projektion entsprechend als FoV der Anwenderin. Bildquelle: viality.de

Über ein Meta-2-AR-Headset wurde das „Mahnmal für die Toten des Krieges“, welches sich nach Elkan explizit auf alle Opfer von Kriegen beziehen sollte, bei der Premiere im Orchesterzentrum Dortmund (wo einst übrigens auch das Geburtshaus Elkans gestanden hatte) in den Raum projiziert und erreichte dadurch noch einmal eine größere, beeindruckendere Dimension. So war Hammil auch die erste Person an diesem Nachmittag, die via AR-Brille das beeindruckende Ergebnis – die virtuelle Bronzeskulptur aus dem Material von einst, die in die Jetztzeit transportiert wurde – bewundern konnte.

Die Augmented-Reality-App lässt die Granit-Ausführung des Mahnmals ebenfalls hinter dem Dortmunder U/ Museum Ostwall, Dortmunds Zentrum für Kunst und Kreativität, bzw. an der Benno-Elkan-Allee entstehen…

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