Die italienische Schauspielerin und Regisseurin Stefania Casini produzierte in Koproduktion mit Tama Filmproduktion, Intrigo Internazionale Italien, Bizef Produzione, MediaApes und Aspekteins eine mitreißende 360°-Dokufiction über die Erlebnisse eines jungen Flüchtlings auf dem Weg nach Italien. Während der letztjährigen Berlinale war sie in unserem Berliner Büro zu Gast, gab für die des Aspekteins-Blogs erste Einblicke in die Produktion und sprach über den besonderen Reiz bei der Umsetzung dieses ambitionierten Projekts.
Eine humanitäre und globale Herausforderung
Niemals zuvor gab es so viele Menschen, die vor Krieg, Gewalt, Verfolgung und Unterdrückung auf der Flucht sind wie heute. Jahr für Jahr steigt die Anzahl von Flüchtlingen weltweit auf einen neuen Rekordwert. Zuletzt waren es rund 70 Millionen, die aufgrund von Katastrophen, Verelendung, Perspektivlosigkeit oder den Folgen des Klimawandels zu Vertriebenen wurden. Täglich flüchten nach Angaben des UNHCRs 44.400 Menschen, alle zwei Sekunden wird irgendwo ein Mensch zum Flüchtling – und jeder zweite ist dabei ein Kind oder Jugendlicher.
Seitdem die Balkanroute nahezu als geschlossen gilt und die EU-Außengrenzen abgeriegelt werden, bleibt den Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten meist nichts mehr anderes übrig, als ihr Glück über die lebensgefährliche Route durch die Sahara über Libyen und das Mittelmeer zu suchen, in der Hoffnung, letztendlich in Europa Asyl zu erhalten. Dabei sterben oder verschwinden jedes Jahr tausende Menschen bei der Überfahrt.
Drei von vier später befragte Flüchtlingen, die aus Libyen nach Sizilien entkommen sind, berichten von Folter und Mord an Reisegefährten, 84% erklärten, selbst Opfer unmenschlicher und entwürdigender Behandlung wie körperlicher Gewalt oder Folter geworden zu sein. In Libyen selbst florieren unterdessen die Sklavenmärkte, auf denen Flüchtlinge in entmenschenden Auktionen versteigert werden. So in etwa stellt man sich die Hölle vor.
Eine mitreißende 360°-Experience über Flucht
Trotz derartiger Schilderungen lässt sich das tatsächliche Ausmaß dieser humanitären Katastrophe anhand bloßer Zahlen kaum erfassen. Ungeachtet der fast täglichen Konfrontation mit neuen Meldungen über Flüchtlingsdramen und Tote gehen die vielen schrecklichen Einzelschicksale in der schieren Größe dieser Dimensionen meist einfach unter.
Wie grausam sich dieser mörderische Weg dabei für den Einzelnen darstellt, davon erzählt nun die 360°-Dokufiction „Mare Nostrum – The Nightmare“. Die italienische Filmregisseurin Stefania Casini schildert in bildgewaltigen und eindrucksstarken Szenen die Geschichte eines Jungen, der genau diese Reise als letzten Ausweg für sich sieht und daraufhin eine fatale Odyssee antritt.
Für die deutsch-italienische Koproduktion (Tama Filmprodukion / Intrigo Internazionale, Bizef Produzione, MediaApes und Aspekteins) waren Pascal Hanke (als Co-Regie) und Nico Laninger (als 360-Grad-Kameramann) von Aspekteins im November und Dezember 2018 zu Dreharbeiten in Sardinien unterwegs und gewannen dabei viele unbezahlbare Eindrücke. Das ganze Team dankt der Sardinia Film Commission (Fondazione Sardegna Film Commission) für die Unterstützung.
Immersion auf höchstem technischem Niveau
Der 360°-Film, der Anfang November letzten Jahres auf dem 360°-Film-Festival in Paris Premiere gefeiert hat, bietet dem Betrachter eine beispiellose Erfahrung: Als Begleiter des Jungen nimmt er selbst eine subjektive Rolle während der Überfahrt ein und erlebt das Gesehene aus einer hochemotionalen Perspektive.
In der jüngeren Vergangenheit haben sich eine Reihe verschiedener Film- und Dokuprojekte diesem Thema gewidmet und versucht, dem Schicksal der Menschen hinter den Statistiken eine Stimme zu geben; Mare Nostrum geht in dieser Hinsicht jedoch gleich mehrere Schritte weiter und zieht die Zuschauer (oder besser: die Beteiligten) mit einzigartigem immersiven Storytelling in den Bann. Brillante stereoskopische 8K-Panoramen von Aspekteins treffen hier auf ein fesselndes, von der MediaApes GmbH überaus aufwändig produziertes 3D-Sounddesign.
Zur Person: Stefania Casini
Seit nunmehr fast fünf Dekaden ist Stefania Casini in der internationalen Filmbranche aktiv. Nach ihrem Architektur-Abschluss in der Mailänder Accademia Filodrammatica erhielt sie erste Theater-, Fernseh- und Filmengagements als Schauspielerin. In der Folge arbeitete sie mit Regisseuren wie Pietro Germi, Peter Greenaway, Dario Argento oder dem kürzlich verstorbenen Bernardo Bertolucci zusammen und wirkte so auch zusammen mit Robert De Niro und Gérard Depardieu in dem Monumentaldrama 1900 (1976, Bertolucci) oder dem Horror-Meisterwerk Suspiria (1977, Argento) mit. Nachdem sie Ende der 1970er Jahre für einige Zeit in New York lebte und dort in Andy Warhols Bad spielte, entschied sie sich, hinter die Kamera zu wechseln und verstärkt als Regisseurin zu arbeiten. In dieser Funktion drehte sie unter anderem zusammen mit Francesca Marciano den Film Lontano da dove (1983), für den sie auch das Drehbuch schrieb, und eine Serie in sechs episodischen Filmen für das italienische Fernsehnetzwerk Mediaset Ende der 1980er Jahre. Seit dieser Zeit hat sie neben Spielfilmen eine große Reihe an Dokumentationen und Reportagen verwirklicht, die sich insbesondere auf Themenfelder rund um Frauen und junge Menschen konzentrieren. Als Regisseurin und Autorin von Dokumentarischem ist sie bis heute tätig und arbeitete zuletzt mit Aspekteins an der Fertigstellung ihres jüngsten Werks, Mare Nostrum.
Casini war auf der letztjährigen Berlinale anlässlich der Weltpremiere von Federico Bondis Film Dafne zu Gast, in dem sie wieder einmal vor der Kamera zu sehen ist. Dabei hat sie es sich nicht nehmen lassen, uns in unserem Berliner Büro zu besuchen um sich mit uns über den Fortschritt der Postproduktionsarbeiten zu Mare Nostrum auszutauschen. Für unsere Blogleser gab sie uns ein exklusives Interview, in dem sie über die Zusammenarbeit mit Aspekteins, ihre Berührungspunkte mit 360°-Medien und Virtual Reality und ihre Faszination an immersiven Narrationsformen erzählt.
360°-Film soll wachrütteln
Die Lage in Krisenregionen wie in Syrien, im Nordirak oder einzelnen afrikanischen Staaten bleibt unverändert dramatisch, in naher Zukunft wird es wahrscheinlich mehr Flüchtlinge geben, als Deutschland Einwohner hat – und nur ein Bruchteil von ihnen wird sein Ziel auch wirklich erreichen. Das Gros wird weiter in hoffnungsloser Armut dahinvegetieren oder auf der Flucht sterben.
Ein Film wie „Mare Nostrum – The Nightmare“ leistet dabei einen wichtigen Beitrag, dem Einzelnen den realen Horror der Situation vor Augen zu führen und zu helfen, die Zusammenhänge neu sehen zu lernen. Das gesamte Team von Aspekteins hofft dabei nicht zuletzt, dass hierdurch sowohl in der Gesellschaft als auch bei politischen Handlungsträgern ein stärkeres Bewusstsein für die Menschenrechtskrise dieser Zeit und ihre verheerenden Folgen geschaffen werden kann.
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