Nachdem das Venice VR Expanded Festival im vergangenen Jahr aufgrund von Corona-Maßnahmen ganz auf Online-Veranstaltungen über VR-Chat setzte, konnte die diesjährige Ausgabe (1.9.-19.9.21) trotz einiger Einschränkungen wieder physisch stattfinden.
Der alte Veranstaltungsort auf der Insel Lazzaretto Vecchio konnte nicht genutzt werden – somit stand weniger Platz zur Verfügung. Das fiel allerdings nicht wirklich ins Gewicht, denn das VR-Programm war nicht nur weiter online zu besuchen (inklusive der neuen Venice VRChat Worlds Gallery), sondern kooperierte auch weiterhin rund um den Globus mit diversen Standorten – wie etwa dem Portland Art Museum oder dem PHI Centre in Kanada.
Wer also VR-Storytelling vor Ort erleben wollte, aber dennoch keine Lust auf große Reisen hatte, der konnte durchaus auch an anderen Orten als Venedig fündig werden.
Aus gegebenem Anlass schauen wir auf ein paar interessante immersive VR-Storytelling-Produktionen aus Taiwan, denn der Inselstaat war in diesem Jahr mit 7 Produktionen vertreten.
VR-Storytelling: Immersion-Expansion
Ein Grund für die Überrepräsentanz an VR-Storytelling-Inhalten liegt u.a. beim taiwanesischen Kulturministerium. Die Institution unterstützt eine Art Vermittlungsagentur für Formate der Unterhaltungsindustrie, Taiwan Creative Content Agency, und treibt so auch VR-Storytelling-Entwicklungen maßgeblich voran.
Schon im vergangenen Jahr war die Kreativagentur als einziger nicht-europäischer Teilnehmer bei einem Online-Panel des Festivals zu Gast, um die Rolle immersiver Inhalte in Europa unter dem Motto “Building proximity through immersive content: a role for European creators and companies” mitzudiskutieren.
Hinzu kommt auch eine Offenheit für die Ausgestaltung internationaler Ko-Produktionen. Eine solche ist u.a. die immersive 6DoF-Storytelling-Anwendung The Starry Sand Beach („Hoshizuna-no-Hama“), die sich in 15 Minuten und drei Abschnitten mit den Wundern unserer Erde sowie menschengemachten Umweltverschmutzungen befasst.
Das dystopische The Last Worker reüssierte beim Venice VR Expanded zwar als immersives VR-Erlebnis, verschreibt sich in Sachen ästhetischer Mentalität jedoch traditionell aus Videospielen bekannten Gameplay-Formen. Daher ist es wenig verwunderlich, dass die Produktion in 2022 neben VR-Plattformen wie SteamVR auch für Konsolen-Nutzer von Nintendo Switch bis PS5 zur Bildschirmnutzung zugänglich gemacht wird.
Die intensive Atmosphäre der VR-Produktion resultiert nicht zuletzt durch die konzeptuelle Anlehnung an die Werke der Comiclegende Mick McMahon, sondern auch durch das einzigartige Zusammenspiel visueller und akustischer Momente, beißender Satire und mitreißender Action.
Gefühlen auf den Grund gehen
Samsara Episode 1 wurde bereits auf dem diesjährigen SXSW Filmfestival als auch u.a. beim Cannes XR Festival mit viel Lob überschüttet und entsprechend ausgezeichnet. Genau wie „The Starry Sand Beach“ steht die VR-Produktion unter Federführung von Hsin-Chien Huang.
Der 20-minütige VR-Storytelling-Film bedient sich auch volumetrischer Elemente und erzählt von den letzten noch lebenden Menschen auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Denn nachdem ihr einstiger Heimatplanet durch Umweltzerstörungen unbewohnbar wurde, beginnt für die Überlebenden eine lange Odyssee durch Zeit & Raum – getrieben von der Frage: Wohin?
Welche Erkenntnisse die Protagonisten haben, zu welchem Schluss sie gelangen und ob es eine Lösung für ihr Problem geben wird arbeitet Samsara als virtuelle Erfahrungswelt für VR-Headset-Anwender auf, setzt dabei aber auch auf ganz eigene Erkenntnisprozesse seiner Rezipienten.
Multiperspektivisch & interaktiv kann man sich hier nicht nur auf einen Streifzug durch ein abstraktes Thema begeben, sondern virtuell gleich die Summe unserer realen Lebenswirklichkeit aufarbeiten.
Auch Bedlam ist harte Kost, denn mit der internationalen Koproduktion unter taiwanesischer TAICCA-Flagge müssen sich VR-Nutzer in die erste Nervenheilanstalt Europas begeben.
Das Bethlem Royal Hospital in London war im 17. Jahrhundert zwar eine der modernsten psychiatrischen Einrichtungen unserer Welt, jedoch auch berühmt-berüchtigt dafür, Insassen nur mit dem Nötigsten zu versorgen und diese mit Apparaturen aller Art jahrzehntelang an Wände zu ketten.
Bedlam öffnet VR-Nutzern Türen in eine schockierende Welt voller Kälte und Dunkelheit. Es geht auch um die Hölle auf Erden – nicht gottgegeben, sondern menschengemacht.
VR-Nutzer wandern mit VR-Brille und Controllern durch finstere Korridore, blicken in entseelte Zellen, berühren trennende Gitterstäbe. Wie menschliche Wesen entmenschlicht werden, erfährt man in Bedlam nur allzu gut. Was daraus zu lernen ist, bedarf eines Sich-Einlassens auf eine regelrechte VR-Zeitreise, die mehr Parallelen zu aktuellen Ereignissen aufweist, als uns eigentlich lieb sein sollte.
Auch wir von Aspekteins beschäftigen uns damit, wie die Zukunft des Storytellings in unserem noch jungem Medium aussehen kann. Das Potential ist riesengroß: Unser Ansatz ist es, 360-Grad-Inhalte zu erschaffen, die unmittelbar auf unbewusstes Nutzer-Verhalten Bezug nehmen. Hierdurch lassen sich VR-Produktionen auf einer noch persönlicheren, tiefgreifenden Ebene erleben, als es alleine durch bewusst gesetzte Interaktionen des VR-Nutzers möglich wäre.
Unsere Technologie, die dieses Setzen von verschiedenen Story-Triggern ermöglicht und eine neue Form des „Branchend Storytelling“ eröffnet, nennen wir Hyperresponsive VR (HRVR). Wie man eine solche nicht-lineare Geschichte plant, haben wir vor kurzem in einem eigenen Blogartikel beleuchtet.
Sie haben Interesse an einer eigenen VR-Anwendung und suchen eine Agentur mit Expertise sowohl in Konzeption wie auch Umsetzung? Sie wollen mehr zu HRVR wissen oder suchen einen Partner für die Erstellung von spannenden, immersiven VR-Anwendungen/ 360-Grad-Inhalten? Wir helfen Ihnen & Ihrem Unternehmen mit unserer jahrelangen Erfahrung auf dem Gebiet professioneller VR-Produktionen selbstverständlich gerne weiter:
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