Auf dem Internationalen Filmfestival in Venedig gab es auch in diesem Jahr in Sachen VR-Storytelling ein dickes Line-up; neben zwei Dutzend Nominierungen wurden drei Gewinner mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
Vor zwei Jahren öffnete das Festival erstmals seine Pforten für immersive Technologien. Dafür wurde ein separater Ort, die der Haupt-Location des Festivals vorgelagerte Insel Lazzaretto Vecchio, ausgewählt.
Mit den Kuratoren der Veranstaltung, Michel Reilhac (dessen Produktionsfirma Submarine Channel sich auf interaktives und virtuelles Storytelling spezialisiert hat) und Liz Rosenthal (Power to the Pixel/ Pixel Lab) sind zwei Fachleute am Start, die immersives Geschichtenerzählen nicht nur als nettes Side-Feature des A-List Festivals sehen wollen, sondern im Rahmen medialer und inhaltlicher Aufmerksamkeit einen gleichgestellten Ansatz verfolgen. Und bislang funktioniert das ausgesprochen gut.
„Many works we have seen and selected are neither a story nor a game but an experience where it is the necessary actions of the viewer that allow the story world to unfold (…) the hybrid mix of storytelling and game.“
Liz Rosenthal, Michel Reilhac (Kuratoren Venice VR)
Neben dem Film The Key, der in der Kategorie Best Interactive VR gewann, behaupteten sich ebenfalls The Line von Ricardo Laganaro in der Sektion Best VR Experience und Joel Kachi Bensons Daughters of Chibok (VR Story).
Ein Anlass, die auserwählten VR-Filme vorzustellen.
The Key – Zugang zur Heimat
Céline Tricarts fünfzehn-minütiger Beitrag The Key konnte sich u.a. gegen das als Escape-Room angelegte Pagan Peak VR durchsetzen und erregte schon im Frühjahr auf dem Tribeca Film Festival große Aufmerksamkeit. Mit dem Storyscape Award im Gepäck ging es auf Lazzaretto Vecchio sodann in die nächste Runde. Die interaktive Story führt den Festivalgast mit VR-Headset und 6-DoF-Roomscale durch Träume, vage Erinnerungen und die Erfahrung der Unmöglichkeit, persönliche Vergangenheiten zu rekonstruieren. Der vermeintliche Zuschauer (und tatsächliche Akteur) wird in die Geschichte involviert, muss Entscheidungen treffen und findet sich selbst in verschiedenen, mystischen Environments wieder.
Die Frage nach dem eigenen Zuhause, dem Zugang zum eigenen Inneren, welches auch mit den äußeren Welten in Verbindung steht und einer durch Krieg verweigerten Heimat versperrt scheint… das alles ist komplexe Thematik von The Key – einer surreal-eindringlichen Reise auf politisch-realem Terrain.
„We used the controllers that come with Oculus. They have triggers that you use, so when you walk to certain objects and touch them, it causes a reaction. The connection has to feel natural. What is very important is the reason you are having the experience. You are not watching a TV screen: You are part of this world.“
Celine Tricart (Regisseurin/ Produzentin The Key VR)
Für die Kuratorin Liz Rosenthal geht es bei VR um eine neue Kunstform, die sich nicht nur mit dystopischen Phantasien auseinanderzusetzen vermag, sondern auch menschliche Beziehungen und soziale Themen vermehrt in den Fokus rückt.
Auf dem Symposium des Festivals wurde mit Kritikern u.a. auch die Frage diskutiert, mit welchem (kritischen) System eine Annäherung bzw. Auseinandersetzung im Hinblick auf die Sprache immersiven Geschichtenerzählens gelingen könnte. Dieser Diskurs ist Beitrag zur Förderung des kritischen Denkens gegenüber Virtual Reality und der Versuch, Rezensenten dazu zu bewegen, sich mit VR-Beiträgen genauso zu beschäftigen, wie mit regulären Wettbewerbsbeiträgen.
A Linha/The Line
Eine weitere VR-Produktion kommt aus Brasilien: Die beiden Miniatur-Puppen Pedro und Rosa sind sehr verliebt und wie füreinander geschaffen. Um ihre Liebesbeziehung zum Blühen zu bringen, müssen einige Hürden überwunden werden – ein Umstand, dem die beiden Protagonisten lieber aus dem Weg gehen würden. Der Zuschauer soll den beiden auf die Sprünge helfen…
Die kulturellen Wurzeln und das Leben in Sao Paolos 40er Jahren spielen in dem Beitrag eine große Rolle, aber auch die universelle Übertragbarkeit persönlicher Erfahrungen in diesem Kontext.
Direktor Laganaro und sein Team um Arvore Immersive Experiences haben bereits mehrere 360-Grad-Filme produziert. In Kooperation mit dem Oculus VR for Good Creators Lab, das ebenfalls die Produktion von The Key unterstützte, veröffentlichte Laganaro auch die VR-Dokumentation „Step the Line“. Dabei geht es um die Arbeit der Non-Profit-Organisation Defy Ventures, die in einem kalifornischen Hochsicherheitsgefängnis Strafgefangene „auf das Leben nach dem Knast“ vorbereitet.
The Daughters of Chibok…
…erzählt vom 14. April 2014, als 276 Schülerinnen im nigerianischen Bundesstaat Borno durch Boko Haram entführt wurden. Viele von ihnen konnten (im Lauf der Jahre) befreit werden, 112 Mädchen bleiben vermisst. Im Zentrum der linearen 360-Grad-Erzählung steht das Schicksal von Yana Galang, deren Tochter Rifkatu eines der in Chibok entführten und noch nicht zurückgekehrten Mädchen ist.
Bensons VR-Dokumentation handelt von Schmerz und Verlust, aber auch von der Stärke und Tapferkeit jener Mütter, die an die Wiederkehr ihrer Mädchen glauben und die Hoffnung nicht aufgeben.
Für das Co-Creation Studio des MIT Open Documentary Lab war das 76. Internationale Filmfestival in Venedig auch Anlass zur Präsentation der Studie „Collective Wisdom“. Das Labor bringt Geschichtenerzähler, Wissenschaftler und Entwickler zusammen und bündelt in seiner o.a. Studie Wissen, das aus über 200 Lesungen und Medienprojekten zusammengetragen wurde. Es geht um Trends, Chancen und Herausforderungen zur Förderung des Verständnisses und der Anerkennung gemeinsam geschaffener Medien, d.h. Medien außerhalb der Grenzen singulärer Urheberschaft.
„Now more than ever we need to collectively work together to find new solutions to local and global problems. Our field study reveals the long history of co-creation across the globe and the extent to which people have used and continue to use co-creative media practices to not only document the world’s problems but to help solve them.”
Sarah Wolozin (Director, MIT Open Documentary Lab)
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